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Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 11:26 am
von Jack-Lee
Servus,
habe ein wenig die Literatur gewälzt, leider nichts wirklich brauchbares zum Thema gefunden.
"Abhängigkeit des Wärmeübergangs von der Oberflächenrauigkeit".
Tangiert uns beim tunen ja auch. Eigentlich ist es gewollt die thermischen Verluste bei der Verbrennung so niedrig wie möglich zu halten, denn die Wärme die bei der Explosion über Kolben und Brennraumwand ins Kühlwasser und Öl wandert erhöht nicht nur dort die Temperatur, sondern entzieht der Verbrennung auch Energie die man eher im mechanischen Vortrieb haben will.
Nun würde ich gern wissen:
-Brennraum UND Kolben leicht anrauen um Ölkohlebildung zu begünstigen die wiederrum thermisch isolierend wirkt
oder
-Brennraum UND Kolben möglichst glatt polieren um die effektive Oberfläche nennenswert zu reduzieren
Für letzteres habe ich leider keine Daten gefunden wie stark der Unterschied des Wärmeübergangskoeffizienten zwischen einem Gussrauen Teil und einem polierten Teil ist.
Könnte mit zwei alten Kolben mal eine Messreihe starten, wenn Interesse besteht.
Hat jemand schonmal Erfahrung in der Richtung gemacht?
Gruß,
Patrick
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 12:17 pm
von Nik
Hallo Patrick,
Jack-Lee hat geschrieben:Wärme die bei der Explosion über Kolben und Brennraumwand....
ich würde eher sagen,"eine kontrollierte verbrennung",und nicht explosion...
Denkst du das hier ist das richtige forum für solche fragen?gibt es den kein "Maschinenbau forum"?
Ich glaube die wenigsten hier verstehen das was du schreibst und fragst....
Nik
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 12:58 pm
von ToppeR
Mit Ölkohle im Brennraum können sich Klopfnester bilden, was bis hin zur Glühzündung führen kann, die den Motor komplett zerstört durch Spitzendrück jenseits der 250 bar.
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 1:07 pm
von Jack-Lee
Servus,
wie stark sich der Wärmeübergang ändert könnte ich experimentell herausfinden. Da ich aber keine Praxiserfahrung habe wie sich so eine Änderung bei Motorbetrieb wirklich auswirkt, stell ich die Frage hier. Hier sind, soweit ich das bisher mitbekommen habe, verdammt viele Leute mit richtig Ahnung.
@ToppeR : Das Ölkohle gern mal zur Glut neigt und damit auch Klingeln verursacht ist mir bekannt, aber Klingelnester? Oder meinst du eben diese Glut?
Gruß,
Patrick
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 1:17 pm
von franksidebike
Jack-Lee hat geschrieben:
Könnte mit zwei alten Kolben mal eine Messreihe starten, wenn Interesse besteht.
....wie stark sich der Wärmeübergang ändert könnte ich experimentell herausfinden.
echt? ist das in einem für uns möglichen Messbereich?
Frank
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 1:22 pm
von Jack-Lee
Servus,
experimentell ist das garnicht mal allzu schwierig (wenn man Vereinfachungen vornimmt). Würde es vorerst mal mit Wasser anstatt Luft probieren. Einen alten Kolben aufrauen, einen polieren. Beide gleichzeitig Kopfüber leicht in kochendes Wasser tauchen. Und dann alle 5-10sec die Temperatur der beiden bestimmen.
Durch die Oberflächenspannung des Wassers (mit Spüli vermindern) dürften die Werte von denen mit Luft abweichen, aber es macht den Test erheblich einfacher und man hat eine Hausnummer.
Gruß,
Patrick
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 2:27 pm
von squenz
Jack-Lee hat geschrieben: Eigentlich ist es gewollt die thermischen Verluste bei der Verbrennung so niedrig wie möglich zu halten, denn die Wärme die bei der Explosion über Kolben und Brennraumwand ins Kühlwasser und Öl wandert erhöht nicht nur dort die Temperatur, sondern entzieht der Verbrennung auch Energie die man eher im mechanischen Vortrieb haben will.
Also erstmal hoffe ich dass dir klar ist, dass im Motor nichts "explodiert"
Die Hersteller umgehen diesen Umstand mit elektronisch über Kennfelder gesteuerte Thermostate. Je nach Last wird die Wassertemperatur angehoben oder abgesenkt. Da Du gern bastelst sollte ein Nachbau einer derartigen Steuerung für dich kein Problem sein. Ölkohle im Motor ist grundsätzlich nicht wünschenswert.
Viele Grüße
Markus
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 2:33 pm
von Jack-Lee
Servus,
für den außenstehenden Betrachter würde man es schon als Explosion bezeichnen. Ein sportlicher 1Zylinder 125ccm dreht bis 11000U/min. Das sind 183 "sanfte Verbrennungen" pro Sekunde.
Das geht schon sehr schnell vonstatten. Eine richtige, schlagartige Explosion (gleichzeitige Entflammung an mehreren Stellen und keine ausbreitende Flammfront), zerstört aber den Motor (Klingeln halt).
Ich habe zwar eine elektrische WaPu verbaut, aber die elektronische Steuerung wollte ich nicht allzu kompliziert gestalten. Zumal die Wassertemperatur viel zu langsam reagiert als das sie plötzlichen Lastwechseln folgen könnte.
Gruß,
Patrick
PS. die Mythbusters haben nen Motor auch mal, kurzzeitig, mit Schießpulver betrieben

Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 3:04 pm
von squenz
Jack-Lee hat geschrieben:Servus,
für den außenstehenden Betrachter würde man es schon als Explosion bezeichnen. Ein sportlicher 1Zylinder 125ccm dreht bis 11000U/min. Das sind 183 "sanfte Verbrennungen" pro Sekunde.
Aussenstehende Betrachter die das als Explosion bezeichnen würde ich "Laien" nennen. Ne Explosion definiert sich u.a. durch die Flammengeschwindigkeit und da ist man im
Verbrennungsmotor

sehr weit weg von.
Zum Ursprungsthema hab ich ja schon input gegeben.
Viele Grüße
Markus
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Sa Jul 29, 2017 9:53 pm
von Jack-Lee
Servus,
die Flammgeschwindigkeit liegt im Bereich der Fahrgeschwindigkeit eines mittelfitten Radfahrers. Ist schon nicht allzu fix.Clucosenitrat ballert mit 6300m/s los. 315mal schneller.
Gruß,
Patrick
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Mo Jul 31, 2017 9:32 am
von suzuki90
Nik hat geschrieben:Denkst du das hier ist das richtige forum für solche fragen?gibt es den kein "Maschinenbau forum"?
Ich glaube die wenigsten hier verstehen das was du schreibst und fragst....
Verstehe nicht, was die Aussage soll?
Hier sind ziemlich viele Leute unterwegs, die extrem viel Ahnung davon haben, was genau im Motor bei der Verbrennung passiert und welche Effekte was genau beeinflussen.
@Jack-Lee: Den Test mit dem Wasser kannst dir sparen. Wenn der Kolben wirklich rau ist und der andere wirklich poliert, dann sollte der raue deutlich besser die Wärme aufnehmen. Entscheidend ist aber, dass (gerade mit Gas als Medium) der Wärmeübergangskoeffizient (um den geht es ja letztendlich) extrem stark abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit über die Oberfläche ist. Da sollte die raue Oberfläche (die ist ja dann effektiv größer) mehr Vorteile haben.
Aber unabhängig davon, ob meine Einschätzung so stimmt zeigt die Erfahrung, dass ein polierter Brennraum die Klopfgefahr mindert. Man vermutet, dass damit örtlich weniger Hitzenester entstehen können. Ein polierter Brennraum ermöglicht auch durch die geringere Oberflächenreibung eine größere Tumble- und Drallgeschwindigkeit. Aufpassen muss man aber, wenn diese Strömung einer bestimmten Kontur folgen soll. Dann zählt das gleiche wie im Ansaugkanal: Eine polierte Oberfläche sorgt dafür, dass die Luftströmung sich von der Oberfläche löst und so Toträume entstehen. Das sollte man also im Auge behalten.
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Mo Jul 31, 2017 9:47 am
von Jack-Lee
Servus,
warum sollte der raue Kolben Vorteile haben? Wir wollen doch eine möglichst ideale Wärmeisolierung des Brennraumes, ohne das die umgebenden Komponenten abrauchen.
Somit sollte die Oberfläche so klein wie möglich sein, also -> polieren.
Der Test mit dem Wasser sollte nur zeigen wie groß der Unterschied wirklich ist. 1%, 5%, 20%?
In Sachen Aerodynamik/Strömungslehre bin ich glücklicherweise relativ fit. Da weis ich was zu tun ist (und habe auch die Möglichkeit das ganze FEM zu berechnen). Das polierte Kanäle Totwassergebiete entstehen lassen glaube ich bei den vorkommenden Geschwindigkeiten aber kaum. Man nutzt z.B. sogenanntes "Zackenband" um vor einem Spalt an der Verkleidung (hier meist bei Segelflugzeugen) eine dickere Grenzschicht zu erreichen, die wiederrum besser einer Kontur folgen kann. Da bei den Kanälen vorher aber das Ventil im Weg steht ist die Strömung ewig weit weg von laminarer Strömung. Ich lass mich aber gern von der Praxis eines besseren belehren.
Meine Erfahrungen liegen eher in Geschwindigkeitsbereichen von 10-25m/2 (Velomobile). Dort liegen wir aber bei einem cw Wert von 0,07 bei einer Frontfläche von 0,8m2.
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Mo Jul 31, 2017 10:36 am
von Luheuser
Jack-Lee hat geschrieben:
Das polierte Kanäle Totwassergebiete entstehen lassen glaube ich bei den vorkommenden Geschwindigkeiten aber kaum. .
Und wie hoch ist die Strömungsgeschwindigkeit in deinem Ansaugkanal bei 5000rpm?
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Mo Jul 31, 2017 11:11 am
von Jack-Lee
Im Mittel bei ca. 90m/s. Spitzengeschwindigkeiten liegen aber fast 1,6mal höher -> 144m/s -> fast 520km/h.
Da stört jede minimale Kante (Verlustleistung durch Luftwiderstand steigt kubisch zur Geschwindigkeit). Wenn man mal Strömungslehre1 wieder rauskramt und kurz nachrechnet wie stark der Einfluss der Wandrauigkeit des "Rohres" in Bezug auf den Druckverlust ist, sollte man diese so glatt wie möglich ausführen.
GRuß,
Patrick
Re: Wärmeübergang im Brennraum
Verfasst: Mo Jul 31, 2017 11:18 am
von suzuki90
Da hab ich mich wohl etwas missverständlich ausgedrückt.
Der raue Kolben ist besser für einen hoheren Wärmeübergangskoeffizient. Daher ist der schlechter für den Motor. Dachte, dass es rüber kam, dass ich poliere und wollte das damit erklären.
Im Kanal entstehen in so fern Totwassergebiete, dass sich beim "Knick/Kurve" des Kanals runter auf das Einlassventil die Strömung löst und eben nur die Kurvenaußenseite nutzt. Daher poliert man einen Kanal nicht.
Der Effekt den du beschreibst, nutzt man ja auch beim Golfball mit den Dellen. Das könnte man also theoretisch in einem polierten Kanal auf und kurz vor der Kurveninnenseite anbringen.

Das Thema Totwassergebiet war auch in diesem Fall eher auf den brennraum bezogen, wenn alles poliert ist und man einen zerklüfteten Kolben mit entsprechenden Quetschflächen hätte, dass man sich das zumindest mal ansieht, wie die Tumble- und Drallströmung verläuft und ob durch das polieren hier ein Totwassergebiet entstehen könnte.